TRAUERerLEBEN

„Jeder Abschied ist unumkehrbar. Jeder Tote unersetzlich. Trauer ist etwas Wildes, so gewaltig und neu, wie man es sich nie hätte vorstellen können, bis sie einen von innen befällt.“

Valerie Fritsch

 

Wer spricht schon gern vom Tod und wer befasst sich mitten im Leben stehend schon ungeniert mit Dingen die das Ende des Lebens betreffen?

Keiner fragt uns, ob und wann wir bereit sind von einem lieben Menschen Abschied zu nehmen. Und doch wissen wir, dass der Tod unausweichlich ist und jeden von uns treffen wird.

Abschiede die uns plötzlich ins Leere stürzen aber auch Abschiede auf Zeit.

  • Trauer ist ein Prozess und diesen Prozess werden wir bei all unseren Abschieden ungefragt durchleben müssen.
  • Trauer ist eine „gefühlvolle“ Reaktion auf einen Verlust welche wir  bei all unseren Abschieden ungefragt durchleben müssen.
  • Trauer braucht Zeit, Zeit für ein heilsames Weinen für ein Leugnen.
  • Trauer braucht Menschen die Wut, Enttäuschung und Verletzbarkeit aushalten, denn in der Trauer überrollen uns verschiedenste Gefühle mit mächtiger Intensität, unaufhaltsam und plötzlich.

Ein Trauerprozess wird als die Entwicklung beschrieben, die wir als Betroffene nach einem Verlust durchmachen um uns an die veränderte Situation anzupassen, an ein Weiterleben ohne eines uns geliebten Menschen.

Der amerikanische Psychotherapeut William Worden veröffentlichte bereits 1982 ein Modell  zu den Traueraufgaben.

Insgesamt beschreibt William Worden 4 Aufgaben. Beginnend mit dem Akzeptieren des Verlustes, dem die Verarbeitung des Schmerzes folgt. Eine Anpassung an eine Welt ohne die geliebte Person bis hin zu einem positiven Weiterleben in dieser Welt in der es den Verstorbenen nicht mehr gibt.

1.Aufgabe: Den Verlust als Realität akzeptieren
Selbst wenn wir darauf gefasst sind, dass ein uns nahestehender Mensch sterben wird, überkommt uns nach dessen Tod immer wieder das Gefühl: „Das kann nicht wahr sein!“ Unsere erste Aufgabe besteht darin, den Tod „begreiflich“ zu machen und zu akzeptieren, dass ein Wiedersehen nicht mehr möglich ist.

2.Aufgabe: Den Schmerz verarbeiten                                                              Emotionale, aber auch körperliche Schmerzen befallen uns, wenn ein geliebter Mensch stirbt. Gefühle von Angst, Wut, Traurigkeit, Einsamkeit werden zu unserem Begleiter. Es ist unsere Aufgabe diese Gefühle anzuerkennen, diese „durchzuarbeiten“, um zu verhindern, dass sich körperliche Symptome und auffällige Verhaltensweisen einstellen.

3.Aufgabe: Sich an eine Welt ohne die verstorbene Person anpassen                  Hier werden drei Bereiche der Anpassung angesprochen:Die externe, äußerliche Anpassung – darunter versteht man die Bewältigung des Alltages. Die interne Anpassung – dabei ist die Frage zentral, wie sich der Verlust auf mein eigenes ICH auswirkt, auf mein Selbstbewusstsein, meinen Selbstwert. Die spirituelle Anpassung – behandelt die Auswirkungen des Verlustes auf meine Wertvorstellungen. Nicht eine Antwort zu finden, sondern ohne Antwort weiterzuleben zählt hier.

4.Aufgabe: Eine dauerhafte Verbindung zu der verstorbenen Person inmitten des Aufbruchs in ein neues Leben finden                                                                        Der verstorbenen Person einen angemessenen Platz im Leben einzuräumen.

All diese Aufgaben dürfen wir verstehen als ein Modell, welches uns helfen kann Trauerwege zu veranschaulichen. Oftmals geschieht es, dass mehrere Aufgaben zur gleichen Zeit bearbeitet werden oder sich immer wieder wiederholen.

Wichtig ist dennoch die erste der Aufgaben, nämlich das Begreifen auch als „erste Aufgabe“ anzunehmen. Trauer braucht Zeit und ist ein Prozess. Ein Prozess der Anpassung an eine Welt ohne die verstorbene Person.

Die Trauer verläuft dennoch nicht immer in dieser Reihenfolge, so unterschiedlich wie wir Menschen eben sind, verlaufen auch die Traueraufgaben individuell.
Mir hilft es, mich in meinen Begleitungen an die Theorie anzulehnen.
Ich versuche mich meinem Gegenüber bestmöglich anzunähern, stelle mir dabei die Frage, in welcher dieser Traueraufgaben sich mein Gegenüber gerade befindet und wie ich unser Gespräch dahin gehend lenken kann.
Themen, die in dieser Aufgabe wichtig sind, empathisch anzusprechen braucht Mut und gleichsam auch Bereitschaft zuzuhören.
Es muss als ein aktiver Prozess verstanden werden – der Begriff „Trauerarbeit“ lässt uns erkennen, dass trauern „Arbeit“ ist.
Das Trauermodell nach Worden gibt Orientierung. Und dennoch gilt es zu bedenken, dass Trauer nicht nach einem Modell abgehandelt werden kann.
Die Phasen kommen plötzlich, sind ineinander verwoben, wie ein Netz dass uns einhüllt, manchmal zieht sich das Netz um uns ganz fest zusammen und wir fühlen uns als schnüre es uns die Luft zu atmen ab, manchmal lässt es auch nach, doch wenn wir fallen, fängt uns das Netz der Trauer auf, und katapultiert uns wie aus dem Nichts  wieder mit mächtigen Schuss nach oben oder in eine andere „Ecke“ des Netzes (in eine andere Traueraufgabe).

 

Quelle: Beratung und Therapie in Trauerfällen, William Worden, Hogrefe Verlag