Wie riecht für dich „Trauer“?
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Mit dieser sehr persönlichen Fragestellung habe ich mich an Freunde und Bekannte gewagt. Anzusprechen was schwer auszusprechen ist. Wie riecht „Trauer“ für dich?
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„wenn ich an „Trauer“ denke, nehme ich einen intensiven, warmen und schweren Duft in meiner Nase wahr“
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„Trauer verbreitet einen schweren, erdig fahlen Geruch“
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„Trauer duftet holzig“
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„ein süßlicher Geruch –wie nach Lilien duftend“
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„Weihrauch – so nehme ich den Geruch von Trauer wahr“
Unser Geruchsinn
Die Osmologie beschäftigt sich mit den komplexen Zusammenhängen des Geruchsinns. Unsere Nase ist nur ein Teil der „olfaktorischen Wahrnehmung“.
Mit jedem Atemzug riechen wir und so gelangen die Duftmoleküle über unsere Nase ins limbische System – dem ältesten Teil unseres Gehirns. Dort befindet sich die Steuerung für unser Seelenleben mit all seinen Höhen und Tiefen.
Für uns Menschen hat der Geruchsinn eine essentielle Bedeutung. Ohne ihn würde unsere Gefühlswelt beeinträchtigt sein. Wir könnten Oma´s heißgeliebten Apfelkuchen weniger genießen, unsere Partnerwahl würde dadurch beeinträchtig werden und unsere Gefühlswelt würde ohne diesen Sinn gestört werden.
Der Geruchsinn ist mit unseren Emotionen, unseren Erinnerungen und unserem Verhalten verbunden. Düfte prägen unsere Bindungen.
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Der Geruch nach Vertrautem
„Trostriechen“ – an der Universität in Pittsburgh haben sich Forscher jahrelang mit dem „olfaktorischen Seelentröster“ befasst.
In einer Studie wurde festgestellt, dass Frauen häufig an Kleidungsstücken ihrer Lieben, von denen sie getrennt waren, schnupperten. Die Mitnahme des Kleidungsstückes beim Zubettgehen wurde von ihnen als sehr tröstlich empfunden. Männer – so ergab die Studie, haben diese „olfaktorischen Seelentröster“ ausschließlich von ihren getrennten Partnerinnen verwendet. (Herz, Weil ich dich riechen kann,2007)
Ein Kräuterkissen als Geschenk
Als ich vor einigen Jahren meine Mama im Krankenhaus auf ihrem letzten Weg begleiten durfte, hatte sie von ihrer Freundin anstelle eines Blumenstraußes, ein Kräuterkissen geschenkt bekommen.
Mit dem Wunsch, dass der angenehme, frische Duft ihr die Zeit des Krankenhausaufenthaltes erleichtere, ihre Schmerzen lindere und ihr ein gutes Schlafen ermögliche.
Mama hatte sich sehr über dieses dufte Geschenk gefreut – mit so viel Liebe ausgesucht, selbst genäht und von Hand bemalt, ein duftes Kunstwerk. Da war die Welt noch in Ordnung – und niemand hatte mit dem so rasanten Verlauf der Krankheit gerechnet.
Schon beim Betreten des Zimmers stieg mir jedesmal der Duft des Kräuterkissens in meine Nase, meist noch bevor ich Mama in ihrem Bett erblicken konnte.
Der Duft hatte etwas beruhigendes, etwas tragendes und doch leichtes. Täglich machte sich die Krankheit mehr und mehr bemerkbar und die Veränderungen wurden sichtbar, hörbar und greifbar.
Der Duft des Kräuterkissens umschmeichelte ihren Körper, immer ganz nah, meist auf ihrer Schulter liegend verströmte das Kräuterkissen – diesen besonderen Duft.
Und selbst heute noch – wenn ich das Kräuterkissen aus „meiner Erinnerungsbox“ nehme, habe ich das Gefühl meinen „olfaktorischen Seelentröster“ in meinen Händen zu halten.
Der Geruch erinnert mich an meine Mama, an ihre letzten Wochen die wir als sehr intensive Zeit gemeinsam noch erleben durften. Eine Erinnerung voll Warmherzigkeit und Liebe, liebevoll und tröstlich zugleich.